
1994 – 1995
Zu den „Jivin’ Rascals“ stieß ich, als es die Band schon einige Zeit gab, als
Ersatz für den Bassisten Ulli Stephan. Das Programm bestand ursprünglich aus Rock’n’Roll mit Jive-Einflüssen im „Bill Haley“-Stil, geprägt durch Gitarre und Saxophon. Später wurde es facetten-reicher, und durch den Einstieg von Tim von Stamm eine runde Sache, mit Instrumentenwechseln, abwechselndem Frontgesang und Chören.
Da die große Zeit der Rock’n’Roll-Szene schon lange vorbei war, hatte diese Band nie den Erfolg, den sie verdient hätte. Denn in meinen Augen waren die „Jivin’ Rascals“ in der letzten Besetzung eine richtig gute Band.
Leider habe ich überhaupt kein Fotomaterial von den „Jivin’ Rascals“. Die Bilder, die ihr hier seht, sind von einem Video-Mitschnitt eines der letzten Konzerte der Band.
Eines Tages klingelte mein Telefon. Mein Ex-Mitmusiker Thorsten, mit dem ich zuvor jahrelang bei den „Dirty Doggies“ gespielt hatte, war am anderen Ende, und fragte, ob wir uns mal wieder treffen wollen. Da wir ja nicht im Streit auseinander gegangen waren, gab es für mich keinen Grund, es nicht zu tun.
Thorsten hatte nach Auflösung der „Dirty Doggies“ mit Olaf und zwei weiteren Musikern zusammen die „Jivin’ Rascals“ gegründet, die sehr „Bill Haley“-orientiert Rock’n’Roll und Jive mit Gitarre, Saxophon, Bass und Schlagzeug machten. Die Band spielte zu diesem Zeitpunkt schon länger zusammen, hatte ein Album aufgenommen und war auf einer Combi-CD zusammen mit den „Billboarders“ vertreten. Auch eine Tour mit den originalen „Comets“ von „Bill Haley“ hatten sie schon hinter sich.
Bei unserem Treffen fackelte Thorsten nicht lang (so, wie es seine Art ist) und kam direkt auf den Punkt. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, bei ihnen als Bassist und Sänger mitzuspielen. Ich kann mich nicht erinnern, warum Ulli, der bisherige Bassist, gegangen ist (oder wurde), aber ich freute mich sehr über dieses Angebot. Ich muss dazu sagen, dass ich mich doch irgendwie immer so fühlte, als ob Dirk und ich bei den „Dirty Doggies“ rausgeschmissen wurden, da Olaf und Thorsten direkt im Anschluss die „Jivin Rascals“ gründeten. Gerade unter dem Aspekt, dass Thorsten und mich neben dem Musikmachen eine Freundschaft verband, hatte mich das seinerzeit doch getroffen.
Dementsprechend fühlte ich eine Art Genugtuung, das er jetzt „angekrochen“ kam (was natürlich nicht so war, aber ich empfand es zu diesem Zeitpunkt so).
Ich willigte ein und meinte, wir könnten es ja mal versuchen. „Bill Haley“ fand ich zwar nett, aber nach ein paar Liedern sehr eintönig.
Wir trafen uns zur ersten Probe in unserem alten „Dirty Doggies“-Proberaum, den ich seit unserer Auflösung nicht mehr betreten hatte. Es war nach den Jahren alles unverändert, mit den Ausnahmen, dass jetzt anstelle von Dirks schickem, roten Schlagzeug ein gammeliges, wild zusammengewürfeltes Drumkit mit kaputten Becken stand, und dass Olaf anstelle seines Kontrabasses jetzt ein altsilbernes Saxophon in den Händen hielt.
Ich lernte Matze den Schlagzeuger kennen, einen merkwürdigen, aber bei genauerem Kennenlernen doch liebenswerten Charakter, der selbst mit Besen unerreicht laut und druckvoll spielte, was auf die Dauer aber doch sehr das Gehör und das Wohlbefinden strapazieren konnte.
Die Musik war, wie erwartet, zackiger Rock’n’Roll im Stil von „Bill Haley“. Für mich auf dem Bass nicht so anspruchsvoll, aber ideal, um mich wieder mit dem Kontrabass anzufreunden. Ich hatte seit Auflösung der „Cambridge Tigers“ so gut wie gar nicht mehr Bass gespielt und hatte Vieles wieder verlernt. Auch meine Hände mussten erneut den schmerzhaften Weg über viele Blasen an den Fingerkuppen gehen, bis sich wieder eine Hornhaut aufgebaut hatte. Mit andauernder Bandzugehörigkeit konnte ich mich auch mit Ideen und Liedervorschlägen einbringen, und das Repertoire der „Jivin’ Rascals“ veränderte sein Gesicht und wurde (nach meinem Empfinden) besser und abwechslungsreicher. Es kamen Songs hinzu, die vom „Bill Haley“-Schema abwichen, wir arbeiteten mit Backing Vocals und versuchten uns sogar an Doo Wop-Nummern. Es wurden Songs gespielt, bei denen wir die Instrumente untereinander wechselten. Matze, der sonst immer mehr im Hintergrund war, stand vorn und machte den Leadgesang, während Olaf den Kontrabass übernahm und ich Schlagzeug spielte.
Um den Sound noch runder zu machen, gingen wir auf die Suche nach einem Pianisten. Nach ein paar guten und weniger guten „Probanten“ fanden wir Tim von Stamm. Er war kein Virtuose auf den Tasten, spielte aber einen gefälligen, druckvollen Groove, der perfekt zu uns passte. Außerdem schien er ein netter Kerl zu sein, was beim gemeinsamen Musikmachen meines Erachtens wichtiger ist, als mit einem in-sich-gekehrten Musikgenie zusammen zu spielen, mit dem man aber ansonsten nichts anfangen kann. Das mag anders sein, wenn man mit der Musik seinen Lebensunterhalt bestreitet, aber wie alle meine Bands, waren die „Jivin’ Rascals“ für alle in erster Linie Hobby.
Wir arbeiteten emsig an unserem Programm, experimentierten herum und spielten in dieser Besetzung noch wenige Shows. Dann löste sich die Band auf. Ich weiß die Gründe der Trennung nicht mehr. Direkt im Anschluss starteten Thorsten und ich ein neues Projekt, zu dem wir dann kurz darauf auch Tim mit ins Boot holten: Jacques Gelee & die Kofferträger.