
1995-1997
Zur Zeit, als ich mit JIVIN’ RASCALS spielte, fragt Matze (unser Trommler) mich, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm und zwei weiteren Musikerkollegen, Susi (Saxophon ehem. SPÄTHEIMKEHRER) und Andy (Gitarre ehem. FAIRLAINE ROCKET) für einen gemeinsamen Urlaub in Spanien ein paar Stücke einzustudieren, um dort Straßenmusik zu machen. Und zwar Blues. Dafür, dass es Straßenmusik (die ja eigentlich akustisch und eher minimalistisch instrumentiert ist) werden sollte, wurde im Probenraum mit vollem Schlagzeug, fetten Verstärkern und Gesangsanlage geprobt (?!). Sie hatten schon vorher mit einem anderen Bassisten angefangen ein Programm einzustudieren, der dann allerdings aus mir unbekannten Gründen abgesprungen war. Anfänglich war das Programm für mich als Bassisten unglaublich langweilig (Ich bin nunmal Rock’n’Roller und Blues
war noch nie so meine Welt), aber es war ja nur für diesen Urlaub und das war dann schon OK. Die einzige Uptempo-Nummer, die sie im Programm hatten war “Straight Up” vom
BRIAN SETZER ORCHESTRA. Das war für mich das Highlight bei jeder Probe.

Was mir bei dieser Band allerdings recht gut gefiel, war der schon fast familiäre Zusammenhalt. Susie und Andy waren ein Paar und Matze hielt sich auch stets in ihrem Dunstkreis auf. Eigentlich wurde fast Alles gemeinsam gemacht: Die drei kamen zusammen aus Lüneburg zur Probe, arbeiteten gemeinsam zu hause neue Songs aus und unternahmen am Wochenende auch vieles gemeinsam. Da ich zu dieser Zeit gerade frisch “solo” war und ich mich eh über neue Leute freute, mit denen ich abends um die Häuser ziehen konnte, kamen mir die Drei sehr gelegen und ich sprang auf diesen Zug auf. Ich hatte das Gefühl ihr ganzes Leben bestand zu dieser Zeit aus einer einzigen Party.
Bei genauerem Hinsehen musste ich allerdings feststellen, dass die drei doch nicht ganz so harmonisch zueinander passten, wie es erst den Anschein hatte. Andy war ein netter, lustiger aber auch sehr verbissener Typ, der sich von Matze (seines Zeichens ein Zyniker vor dem Herren, der es liebte zu polarisieren und provozieren) immer wieder aus der Reserve locken ließ. Susie war eine sehr gut ausgebildete Musikerin, was sie allerdings auch immer wieder gern den Rest der Band spüren ließ. Sie war die heimliche Chefin in der Band – was für mich OK war, allerdings kratze das bei den anderen Beiden doch merklich am Ego und es kam immer wieder zu verbalen Machtkämpfen. Das schöne war allerdings, sobald wir den Übungsraum verließen und danach zum Essen in die HOLLYWOOD CANTEEN fuhren, war der ganze Streit wie verflogen und es war wieder Party angesagt.
Mit der Zeit änderte sich sehr zu meiner Freude der Musikstil mehr in Richtung Rock’n’Roll, Swing und Jive. Wir versuchten mehrstimmigen Gesang einzubauen und auch Susie und ich machten mal den Leadgesang, der anfänglich allein von Matze bestritten wurde. Wir waren begeistert, von dem was wir taten!
Einer der ersten öffentlichen Auftritte, der anstand war ein gemeinsames Konzert mit den SINNERS im Hamburger Logo. Die SINNERS waren einige Zeit zuvor aus Tino von den Skyriders, Matthias von den Hipjacks und meinem ehemaligen Bandkollegen Teddy von Session Up entstanden und nach meinem Geschmack zu diesem Zeitpunkt die frischeste, vielseitigste und lustigste Rock’n’Roll-Band Hamburgs – Sie waren einfach gut!

Doch jetzt sollte die Hamburger Musikgeschichte neu geschrieben werden. Denn das, was wir machten, gab es in dieser Form noch gar nicht und ausserdem waren wir ja eh viel besser, empfanden wir. Siegessicher fuhren wir zu dem Auftritt und betraten die Bühne. Was dann folgte, war ein Desaster. Wir waren aufgeregt, spielten miserabel, hatten die Bühnenpräsenz einer Schulaufführung von Grundschülern…
Kurz gesagt: Die SINNERS spielten uns an die Wand – für uns war es ein Waterloo. Nur, dass wir es uns nicht eingestanden, sondern den Auftritt uns noch schönredeten. Vielleicht war es aber besser so, denn wir arbeiteten danach unbeirrt weiter an unserem Programm.
Der eigentliche Grund der Bandgründung – der Urlaub mit Straßenmusik in Spanien – fiel ins Wasser (warum weiß ich nicht mehr), aber die Band blieb bestehen.
Durch die Kontakte ehemaliger Mitmusiker von Susie und Andy wurden wir auch stets mit Auftritten versorgt und trotz der beschriebenen Startschwierigkeiten entwickelte sich STRAIGHT TO THE BAR zu einer recht runden Show. Allerdings war unser Programm nie so wirklich massentauglich, da die Songauswahl zum Teil doch sehr speziell war – Aber es war ehrlich, denn wir liebten die Musik, die wir machten.
Irgendwann trennten sich Susie und Andy. Die Band blieb trotzdem noch eine Zeit bestehen. Die allgemeine Begeisterung in der Band nahm auch langsam ab und die Streitereien häuften sich. Ich war irgendwann nicht mehr solo und wollte mehr Zeit mit meiner neuen Partnerin verbringen – und wirkliche Perspektiven mit dieser Art von Musik weiter zu kommen gab es auch nicht.
STRAIGHT TO THE BAR löste ich im Herbst 1997 auf.
Was machen die Musiker heute?

Matze – Matthias Rosenberg – Spielte außerdem mit mir zusammen bei JIVIN‘ RASCALS und JACQUES GELEÉ & DIE KOFFERTRÄGER. Er ist immer noch musikalisch tätig. Ich traf ihn hin und wieder bei den Proberäumen in Hamburg. Seine aktuelle Band ist mir nicht bekannt.
Andy – Andreas Behrens – gründete die Band HEPCAT BOP-TRIO, die sich später in HEPCAZZ umbenannte. Er gründete später noch eine Band namens STARGAZE STOMPERS.


Susie – Susanne Wasmann – habe ich danach komplett aus den Augen verloren. Beim Surfen durch‘s Internet habe ich durch Zufall gesehen, dass sie bei einer Band namens BONEY MORONEY unter dem Künstlernamen LaVern Baker „ins Horn bläst“. Aktuell spielt sie Saxofon beim HORST SCHNEIDER QUARTETT.